Durch wirtschaftliche Not nimmt die Bevölkerung Armut erneut als persönliche Bedrohung wahr. Der Blick in die Zukunft wirft ein negatives Bild auf. Alles wird teurer, die Löhne werden gekürzt, Arbeitsplätze werden abgebaut etc. Manche Dinge, die sonst ohne weiteres leistbar waren, werden seltener und zu Luxusgütern. Bis heute ist die Zahl der Sozialhilfeempfänger aufgrund von Massenarbeitslosigkeit und durch das Vorhandensein von Kindern angestiegen.
1995 gab es noch 28,1 Millionen Beschäftigte, die 2,5 Millionen Sozialhilfeempfänger, 3,6 Millionen Arbeitslose und 20,5 Millionen Rentner finanzieren mussten. Wirft man einen Blick auf die heutigen Zahlen so lässt sich ein Rückgang von 6,4% der Berufstätigen verzeichnen. Diese müssen 2,8 Millionen Sozialhilfeempfänger, 4,4 Millionen Arbeitslose und 23,7 Millionen Renten finanzieren. Obwohl die Zahl der Beschäftigten zurückgegangen ist, müssen diese dennoch mehr Lasten tragen (vgl. Focus, Ausgabe 13, vom 18. Oktober 2004, S. 28).
Durch die von den Medien öffentlich gemachten wirtschaftlichen und politischen Probleme unseres Staates wurden bei mir, bezüglich meiner Zukunft, einige Fragen aufgeworfen, die mich nachdenklich gestimmt haben. Gerade der kürzlich vergangene Fall der möglichen Schließung einiger Opel- und VW-Werke machen deutlich, dass immer mehr Arbeitsplätze in Deutschland abgeschafft bzw. sanktioniert werden. Arbeitslosigkeit steht in Deutschland immer mehr auf der Tagesordnung. Dabei muss aus Arbeitslosigkeit nicht immer gleich „Armut“ resultieren, weitere Faktoren müssen zutreffen um sich in Deutschland unter der „Armutsgrenze“ zu befinden. Aber was bedeutet eigentlich „arm“ sein?
Bemisst sich Armut an dem Besitz und der Menge von Dingen, wie z.B. Urlaub, Schmuck, eigenes Haus, andere Immobilien, Fortbewegungsmittel, oder eher an „alltäglich“ erscheinenden Dingen wie z.B. die Möglichkeit zu haben sich ins Cafe zu setzen oder essen zu gehen? Oder bedeutet arm sein, wenn jeder Cent zwei Mal umgedreht und genau überlegt werden muss, wie das Geld effektiv eingesetzt werden muss, so dass am Monatsende genug Essen vorhanden ist?
Diese Beispiele machen deutlich, dass das Gefühl sich „arm“ zu fühlen auf der einen Seite ein individuelles, subjektives Empfinden jedes Menschen ist, denn jeder definiert „arm sein“ für sich anders. Auf der anderen Seite können sich Personen „arm“ fühlen, wenn sie auf staatliche Leistungen der Sozialhilfe, die das unterste Anfangnetz des Sozialsystems repräsentiert, angewiesen sind. Sozialhilfe soll als letzte Instanz dem Hilfeempfänger davor bewahren unter die Armutsgrenze zu fallen und ihm zumindest ein sozio-kulturelles Existenzminimum zu garantieren. Einkommen ist eine wichtige Ressource, die den Lebensstandard von Menschen bestimmt.
In der vorliegenden Arbeit wird es zunächst um die Auseinandersetzung mit dem Armutsbegriff, den Definitionen und den Forschungsansätzen – Ressourcenansatz und Lebenslagenansatz - gehen. Die im Laufe der Zeit veränderte Bedeutung von Armut wird in dieser Arbeit in einem weitern Punkt erläutert.
Des Weiteren beschäftigt sich die Arbeit mit der Sozialhilfe und ihren zwei großen Bereichen, der Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU) und der Hilfe in besonderen Lebenslagen (HbL). Aus aktuellem Anlass werde ich die am 1. Januar 2005 in Kraft tretenden Veränderungen in dem Bereich Sozialleistungen darstellen. In einem weiteren Kapitel wird sich die Arbeit mit der Armutsdynamik und ihren Verläufen auseinandersetzen und sie anhand eines Beispiels „Familie Meyer“ die Situation von Aufsteiger-Haushalten verdeutlichen. Im weiteren Verlauf werde ich aufzeigen, was Armut bei den Betroffenen bewirkt. Zudem werde ich über die Betroffenen der Armut sprechen und zeigen, dass Familien mit Kindern derzeit die „neuen“ Armen in Deutschland sind.
Der Armutsbegriff und die Auseinandersetzung mit dem Begriff
Einführung
Die wissenschaftliche Armutsforschung hat sich erst im Laufe der 80er Jahre etablieren können. Denn es wurde zuvor seit mehr als zwei Jahrzehnten kontrovers diskutiert, wie man Armut definiert, worauf sie zurückzuführen und wie sie zu beseitigen ist. Aufgrund fehlender Vergleichs- bzw. Längsschnittdaten handelte es sich bei der Armutsforschung um ein junges Forschungsfeld. Das Thema spiegelt auf brisante Weise die politische Präsenz (Nicht-Präsenz) und die Handlungsentscheidungen der Regierung wider. Wegen der staatlichen Sicherung des Existenzminimums sieht die Regierung Armut in Deutschland als bekämpfte Armut an. Die empirische Armutsforschung kann belegen, dass zum Teil politische Misswirtschaft zur Aufrechterhaltung der Armut in Deutschland beigetragen hat. Schlechte Schulbildung und fehlende Arbeitsplätze sind bekannte sozio-kulturelle Faktoren, die Armutsbetroffene in ihrem Lebenslauf aufweisen. Das gesamte politische System müsste für eine wesentliche und grundlegende Verbesserung der Armutssituation in Deutschland neu strukturiert werden. Um dieses Armutsproblem öffentlich zu machen und die Regierung wach zu rütteln, gaben Anfang der 90er Jahre die Hans-Bökler-Stiftung, der Paritätische Wohlfahrtsverband und der Deutsche Gewerkschaftsbund einen Armutsbericht auf nationaler Ebene in Auftrag (vgl. Hanesch/Krause/Bäcker 2000, S. 19f).
Nach Krämer sind sich Armutsforscher darüber einig, dass der Begriff „Armut“ ein mehrdimensionaler Begriff ist, der vieldeutig und je nach Aspekt anders zu bestimmen ist (vgl. ebd., S. 22). Ergänzend sagen Adamy und Steffen dazu, dass Armut nicht ein für alle mal definiert werden kann und deshalb an materiellen, sozialen und kulturellen Standards eines Landes gebunden bleiben (vgl. Adamy/Steffen 1998, S. 7). Dies verdeutlicht die objektive „Unbestimmtheit“ dieses Begriffs.
Definitionen
Wenn wir in Industriegesellschaften wie Deutschland von „Armut“ sprechen, handelt es sich dabei immer um ein relatives Phänomen und um die Frage des menschenwürdigen Lebens. In Deutschland wird die relative Armut erreicht, wenn Menschen das sozio-kulturelle Existenzminimum unterschreiten. Dabei ist diese Definition immer an historischen Bedingungen und an den jeweiligen Lebensstandard des Landes gekoppelt. Deshalb hängt es von normativen Entscheidungen ab, was unter Armut zu verstehen ist (vgl. Bäcker et al 2000, S. 232).
In einem Duden lassen sich u.a. folgende Definitionen vom Begriff „arm“ finden: „ ’arm’ wurde zunächst im Sinne von ‚vereinsamt’, ‚bemitleidenswert’, ‚unglücklich’ verwendet. (…) [man] beachte auch die Verwendung von ’arm’ im christlichen Sinne, z.B. ‚arme Seele’, ‚armer Sünder’. Im Sinne von besitzlos wurde ’arm’ im westgermanischen als Gegenwort zu ’reich’ [umschrieben]“ (Duden 2001, S. 47). Demzufolge müsste ein Mensch, der bedürftig ist, auch zugleich Mitleid bei anderen erwecken. Sieht man das verfügbare Nettohaushaltseinkommen als reinen Indikator für Armut an, muss dies nicht unbedingt zur Folge haben, dass ein Mensch „wirklich“ arm ist und man deshalb Mitleid mit ihm haben muss. Wichtig ist, wie er das ihm zur Verfügung stehende, nutzt. Dazu schreibt Krämer, dass der ‚Nutzen’, den das Einkommen erzeugt, über reich und arm bestimmt (vgl. Krämer 2000, S. 25). Armut wird demnach nicht nur an materiellen Dingen gemessen, sondern auch am subjektiven Empfinden jedes einzelnen Menschen. Armut liegt daher im Auge des Betrachters.
Armut wird gemeinhin als Frage monetärer Ressourcen (Ressourcenansatz) bzw. als Frage der Verfügbarkeit von Handlungsspielräumen, die die Abhängigkeit von gesellschaftlichen Rahmenbedingungen betonen, verstanden (Lebenslagenansatz) (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S. 57).
In der Armutsforschung haben sich zwei Forschungsansätze durchgesetzt:
Der Ressourcenansatz und der Lebenslagenansatz.
Ressourcenansatz
Die indirekte Armutsdefinition betrachtet den Zugang der Individuen zu verschiedenen Ressourcen. Dieses Vorgehen wird daher als Ressourcenansatz bezeichnet. Ressourcen werden als die Mittel definiert, die eine Person benutzt, um bestimmte Zwecke zu verfolgen (vgl. Andreß 1996, S. 9 f). Der Ressourcenansatz besagt nach Zimmermann, dass Armut als eine Unterausstattung an monetären (Einkommen und Vermögen) bzw. nichtmonetären (Ergebnisse hauswirtschaftlicher Produktion) Ressourcen verstanden wird. Leider beziehen sich Armutsstudien nur auf das verfügbare Einkommen, das als einzige Ressource erscheint (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S. 57).
Nach Bäckers weitergehender Ansicht folgt, dass die alleinige Betrachtung des Einkommens zur Beschaffung von Gütern und Dienstleistungen, die zur Abdeckung des sozio-kulturellen Existenzminimums erforderlich sind, nicht alleine ausreicht. Armut, so Bäcker, ist im umfassenden Sinn Ausdruck einer gesamten Lebenslage. Deshalb erhält der Lebenslagenansatz in der Öffentlichkeit immer mehr an Bedeutung (vgl. Bäcker et al 2000, S. 232).
Lebenslagenansatz
Nach Bäckers Meinung wird beim Lebenslagenansatz danach gefragt, ob eine ausreichende Versorgung der Menschen mit Nahrung, Bekleidung, Wohnraum, Wohnungseinrichtung erreicht wird. In diesem Ansatz sollen aber auch die sozialen Aspekte wie Arbeit, Bildung, Freizeitgestaltung, soziale Beziehungen und Information berücksichtigt werden, um Menschen eine Teilnahme am sozialen und kulturellen Leben zu ermöglichen (vgl. ebd., S. 232). Der Lebenslagenansatz soll zudem die Multidimensionalität der Armut sowohl begrifflich als auch empirisch genauer erfassen. Armut wird hier direkt definiert als das Betrachten des Verhaltens der Individuen nach Erhalt der ihnen zugänglichen Ressourcen. Bedeutend ist der Lebensstandard einer Person, über den er zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer vorherrschenden Gesellschaft verfügt (vgl. Andreß et al 1996, S. 13). Die Betrachtung der Versorgungslagen von Personen gibt daher Aufschluss über ihren Lebensstandard.
Der Lebenslagenansatz ist durch Kritik an dem Ressourcenansatz entstanden. Den ersten Anstoß gab Sen, der die einseitige materielle Betrachtung des Ressourcenansatzes kritisierte. Aus der Sicht von Sen ist es wichtig, was man aus seinen „capabilities“ (Entfaltungsmöglichkeiten) macht bzw. wie man sein Einkommen nutzt und umsetzt. Armut hat aus seiner Sicht nichts mit subjektiven Empfinden zu tun: Entscheidend ist, was die Person in ihrer Lebenslage gerade zum Teilhaben am sozialen Leben benötigt. Ist jemand von seinen Entfaltungsmöglichkeiten ausgeschlossen und kann nicht als soziales Wesen (inter-)agieren, gilt er nach Auffassung von Sen als arm (vgl. Krämer 2000, S. 54f). Nach dieser Auffassung müsste somit das eingesetzte Einkommen, z.B. für die Anschaffung eines Pkws, für Menschen unterschiedlichen Umfelds unterschiedliche Wertigkeiten haben. Für Menschen in der Großstadt, die alles mit der Bahn, zu Fuß oder mit dem Fahrrad erreichen können, nimmt der Pkw keine so wichtige Rolle ein, wie z.B. für eine Person, die im städtischen Umland wohnhaft ist.
Armut im gesellschaftlichen Wandel
In der Bevölkerung hat sich die Wertigkeit von Armut im Laufe der Zeit verändert. Armut hat nicht mehr den Charakter wie in Kriegszeiten, wo die Menschen um „das nackte Überleben“ kämpfen mussten. In dieser Zeit der Existenzbedrohung galt es vielmehr Nahrung zu sichern, „ein Dach über dem Kopf“ zu haben und nicht frieren zu müssen. Ist die Grundsicherung des physischen Existenzminimums jedoch gesichert, treten andere Dinge, die zuvor sekundär als wichtig empfunden wurden, in Erscheinung.
Gilt der ‚objektive Mangel’ als beseitigt, rückt die ‚subjektive Einschätzung des Mangels’ nach. Nach Krämer ist diese Erscheinung „das Gesicht der modernen Armut: Nicht dass man wenig hat (…), sondern dass man weniger hat als man schon einmal hatte oder als der Nachbar hat“ (Krämer 2000, S. 19).
Daraus folgt, dass es den Menschen vermehrt darum geht, in der Gesellschaft anerkannt zu werden und ein Teil von ihr zu sein (siehe dazu auch Abb. 14 im Anhang). So entstehen soziale Stellungskriege, die an einem Beispiel aus der Alltagssituation eines Kindes erläutert werden können: Schon in der Schule passt sich ein Kind einer Gruppe an und nimmt innerhalb dieser Gruppe eine soziale Stellung ein. Meistens geschieht diese Anpassung über Konsumartikel, wie z.B. Kleidung, die von den Eltern gekauft werden muss. Kann sich die Familie aus finanziellen Gründen dies nicht leisten, wird das Kind von den anderen gemieden und schließlich ausgeschlossen.
„Es geht um Gameboys, Basecaps, Tipkicks, ferngesteuerte Autos. Wer nichts davon hat, steht abseits“ (Hunfeld 1998 zitiert in Krämer 2000, S.19). Menschen fühlen sich nicht nur von Armut betroffen wenn sie sozial absteigen, sondern auch dann, wenn andere sozial aufsteigen und es denen besser ergeht als ihnen selbst. Krämer nennt das den ‚Babbit-Effekt’ oder anders gesagt: ‚Arm ist der, der sich arm fühlt und weniger hat als die anderen’ (vgl. Krämer 2000, S. 20). Als weiteres Beispiel wäre hier z.B. die Wiedervereinigung der BRD mit der ehemaligen DDR 1990 oder der EU-Beitritt von Polen 2004 zu erwähnen. Denn sowohl die damalige DDR als auch Polen mussten und müssen sich mit dem „reichen Westen“ vergleichen und messen.
Methoden zur Bestimmung der Armutsgrenze
Relative Einkommensarmut
Eine interessante und vor allem zentrale Frage ist trotz vorgestellter Ansätze noch: „Wie wird Armut eigentlich gemessen?“
Allgemein wird Armut zunächst am Einkommen gemessen, wobei eine Einkommensgrenze durch die EU-Kommission festgelegt wurde. Beruhend auf wissenschaftliche Konventionen, wird jemand als einkommensarm bezeichnet, dessen verfügbares Einkommen einen bestimmten Prozentwert eines nationalen Durchschnittswerts unterschreitet. In Deutschland liegt dieser Wert bei 50% des durchschnittlichen Einkommens der Gesamtbevölkerung und wird als arithmetisches Mittel bezeichnet. Ergänzend gibt es noch andere Werte, die armutsnahe Zustände beschreiben. Zum einen die „strenge“ Armut mit 40 %, die „milde“ Armut mit 60% und zum anderen den „prekären“ Wohlstand, der 75 % des Durchschnittseinkommens ausmacht (vgl. Hanesch/Krause/Bäcker 2000, S. 51).
Als einkommensarm gelten somit alle Menschen bzw. Haushalte in Deutschland, die unter diese 50% Grenze fallen. Da aber das Alter und die Größe von Haushaltsgemeinschaften unterschiedlich ist, muss das Haushaltseinkommen auf die jeweiligen Mitglieder umgerechnet werden.
Dieses so genannte ‚Äquivalenzeinkommen’ oder auch ‚Pro-Kopf-Einkommen’ richtet sich nach der Struktur des Haushalts. In der älteren OECD-Skala wird das Äquivalenzeinkommen wie folgt berechnet:
Dem Haushaltsvorstand wird ein Bedarf von 1, weiteren erwachsenen Mitgliedern ein Bedarf von 0,7 und jedem Kind unter 14 Jahren ein Bedarf von 0,5 angerechnet (vgl. ebd., S. 48).
Seit 1992 gibt es jedoch kleinere abweichende Bedarfsgewichte:
Hiernach erhält der Haushaltsvorstand 1, jede weitere erwachsene Person ein Gewicht von 0,8, Kinder bis 6 Jahren 0,5, Kinder von 7-13 Jahren 0,65 und Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren ein Gewicht von 0,9.
Dividiert man nun das verfügbare Haushaltseinkommen durch die Summe der „Gewichte“ der Haushaltsmitglieder, ergibt sich das bedarfgerechte Pro-Kopf-Einkommen bzw. Nettoäquivalentseinkommen. Dies entspricht auch der Bedarfsrechnung in den Regelsätzen der Hilfe zum Lebensunterhalt (HLU), die als quasi-offizieller, politisch bestimmter Grenzwert, gelten (siehe Kapitel 4.3.1) (vgl. Bäcker et al 2000, S. 151).
Wird das Nettohaushaltseinkommen von 3400 DM durch die Summe der Bedarfsgewichte aller angehörigen Familienmitglieder dividiert, erhält man ein bedarfsgerechtes Pro-Kopf-Einkommen von 1152,54 DM. Da es sich hier um die Ressource „Einkommen“ handelt, ist die Betrachtung relativer Einkommensarmut immer indirekt definiert.
Diese Sichtweise des Nettoäquivalenzeinkommens auf das Jahr 2004 bezogen zeigt, dass Deutschland in diesem Jahr einen Wohlstands-Verlust zu verzeichnen hat: Denn im Jahr 2004 verfügt jeder Deutsche über ein Pro-Kopf-Einkommen von 16.000 Euro. Im Vergleich zu Lichtenstein mit einem Pro-Kopf-Einkommen von 31.914 Euro, erhält ein deutscher Bürger 2004 somit etwa nur die Hälfte des Einkommens eines Lichtensteiners (vgl. Focus, Ausgabe 13 vom 18. Oktober 2004, S. 30).
Tabelle 2: Haushaltsäquivalenzeinkommen für die Jahre 1984 bis 1995
(Angaben in DM)
Jahr 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995
EK 1111 1179 1250 1296 1324 1389 1471 1538 1611 1700 1731 1778
Quelle: Lauterbach/Lange in Mansel/Neubauer 1998, S. 118
Anhand dieser Tabelle ist sichtbar, dass 1987 bei einem Haushaltsäquivalenzeinkommen von 1296,00 DM die 50% Armutsgrenze bei 648,00 DM lag. Das bedeutet, dass eine Familie, die 1987 weniger als 648,00 DM Gesamteinkommen hatte, als arm galt. Diese Berechnungen lassen sich auch auf das folgende Schaubild, welches die drei verschieden Haushaltspositionen anhand der Schwellenwerte definiert, anwenden.
Quelle: Lauterbach/Lange in Mansel/Neubauer 1998, S. 119
Wie bereits zuvor erwähnt, gibt es unterschiedliche Schwellenwerte, die entweder („strenge oder milde“) Armut, prekären Wohlstand oder gesicherten Wohlstand anhand von Prozentwerten des durchschnittlichen Äquivalenzeinkommens der Gesamtbevölkerung bezeichnen. Wenn das (Netto-)Äquivalenzeinkommen 1987 bei 1296,00 DM lag, muss der prekäre Wohlstand (50-65%) nach der Definition somit in der Abbildung 3 zwischen 648,00 DM und 842,40 DM liegen. Personen, die sich im gesicherten Wohlstand befinden, müssten über ein monatliches Einkommen von mindestens 842,40 DM verfügen.
Um zu sehen, wie sich ein berechnetes Pro-Kopf-Einkommen eines Haushalts zur 50% Einkommensgrenze verhält, habe ich an dieser Stelle folgende Tabelle mit aufgeführt: (Nach der älteren OECD-Skala berechnet)
Aus dieser Tabelle wird ersichtlich, dass das Bedarfsniveau der Sozialhilfe nur teilweise mit der relativen Einkommensgrenze verglichen werden kann. Dementsprechend lassen sich die verschiedenen Haushalte in zwei Gruppen zusammenfügen. Die eine Gruppe sind die Haushalte „Ehepaar ohne Kinder“ und „Ehepaar mit Kindern“. Zu der anderen Gruppe gehören „die/der Alleinlebende/r“ und „die Alleinerziehenden mit Kindern“. Die Gruppe „Ehepaar“ liegt mit ihrem Bedarfsniveau unter der Armutsgrenze, wo hingegen die andere Gruppe „Alleinlebende/r und Alleinerziehende“ mit ihrem Bedarfseinkommen über der Armutsgrenze liegt. Daraus schließe ich, dass z.B. ein Ehepaar mit undefinierter Kinderzahl als arm gilt, da der für sie berechnete Bedarf niedriger ausfällt als die Armutsgrenze. Alleinerziehende hingegen bleiben mit der Bedarfsrechnung aufgrund von u.a. Mehrbedarfszuschlägen (siehe Kapitel 4.3.1) über der 50% Armutsgrenze. Sie gelten, auch wenn sie Sozialhilfe beziehen, nicht als arm. Dennoch bleiben sie nah an der Armutsgrenze.
Oder anders gesagt: Liegt die Differenz der Niveaus bei > 100%, sind diese Haushalte als arm zu bezeichnen. Liegen sie bei < 100%, gelten diese Haushalte zwar nicht als arm, bleiben aber dennoch in einer prekären Lebenslage. Die pauschale Aussage von Zimmermann, die Sozialhilfegrenze (Leistungen der laufenden HLU) stellt die quasi-offizielle Armutsgrenze dar (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S. 56), kann anhand dieser Tabelle so nicht bestätigt werden. Denn die einzelnen Personenhaushalte müssen bei einer Einschätzung immer berücksichtigt werden.
Statistisch-ökonomische Bestimmungen der Armutsgrenze
Neben der relativen und der politischen Armutsbestimmungen gibt es noch drei weitere Ansätze zur Festlegung der Armutsgrenze: Der indirekte politische Ansatz, einerseits über Engelkurven und andererseits über soziale Wohlfahrtsfunktion und schließlich die subjektive Armutsgrenze von Goedhart et al (1977).
In meiner Arbeit werde ich mich auf die „Engelkurve“ beziehen, da sie zur Ermittlung der Armutsgrenze (der relativen Einkommensarmut) entscheidend war.
Grafik 5: Eine typische Engelkurve
Quelle: Krämer 2000, S. 38
Über die ersten „offiziellen Engelkurven“ ermittelten Armutszahlen wurde 1965 von Orshansky in den USA der Wert von 50% des Durchschnittseinkommens zufällig ermittelt. Dies ist der heutige arithmetische Wert, der die Armutsgrenze (50% des deutschen Durchschnittseinkommens) bestimmt (vgl. Krämer 2000, S. 32).
Die Engelkurve ist eine weitere modell- und theoriegestützte Definition der Armutsgrenze, die die Ausgaben für Nahrungsmittel als Funktion des Haushaltseinkommens misst. Je höher das Einkommen eines Haushalts ist, desto weniger prozentualer Anteil des Einkommens muss für den Kauf von Nahrungsmitteln aufgewendet werden. Überschreitet der aufgewendete Teil an Nahrungsmitteln (1/3) einen politisch festgelegten Wert y*, so ist der Haushalt als arm zu bezeichnen. Das Einkommen eines Haushalts muss also über y* liegen um nicht arm zu sein (vgl. Krämer 2000, S. 37).
Die Ausgaben für Nahrung sind ab dem Punkt y* gesättigt. Über diesem Punkt y* werden die Ausgaben für Nahrung nicht mehr deutlich ansteigen. Deshalb kann das Einkommen für andere Güter, z.B. Kleidung, eingesetzt werden.
Sozialhilfe
Einführung
Aus der Sicht der Regierung gibt die Sozialhilfe die „bekämpfte“ Armut wieder. Mit anderen Worten: Sozialhilfe befreit Menschen aus der Armut und schafft sie nicht! Jedoch ist weiterhin in der Armutsforschung umstritten, ob das berechnete Sozialhilfeniveau auch das tatsächliche sozio-kulturelle Existenzminimum sichern kann (vgl. Adamy/Steffen 1998, S. 8f). Dazu sagt Zimmermann, dass der Empfang von Sozialhilfe nicht mit Armut gleichgesetzt werden darf. Dennoch steht der Anteil an Sozialhilfeempfängern in einer sozialen Gruppe als ein Indikator für Armutsgefährdung (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S.56).
Sozialhilfe wird nach Joos und Meyer als politische Einkommensarmut definiert, die durch rechtlich geregelte Transferleistungen ein staatlich festgelegtes Mindesteinkommen garantieren soll (vgl. Joos/Meyer in Mansel/Neubauer 1998, S. 21). Der Bedarf an Sozialhilfe ist seit ihrer Einführung 1962 stetig gestiegen. Eine zunehmende Tendenz wird deutlich, wobei immer mehr Menschen auf staatliche Hilfen angewiesen sind. Denn 1973 lag der Anteil der Sozialhilfeempfänger unter der Gesamtbevölkerung bei 1,4%, 1990 bei rund 4,6%. Das bedeutet, dass 1973 918.000 und 1990 schon rund 2,9 Millionen Menschen mit laufender Hilfe zum Lebensunterhalt versorgt werden mussten (vgl. Becker 1994, S. 47). Dies wird in der folgenden Grafik zu „Ausgaben von Sozialhilfe“ deutlich:
Grafik 6: Ausgaben der Sozialhilfe
Quelle: Becker 1994, S. 55
Insgesamt sind die Ausgaben der Sozialhilfe seit 1970 bis 1990 kontinuierlich angestiegen. Der Bezug von Sozialhilfe innerhalb von Einrichtungen z.B. Heimen überwiegt vor dem außerhalb von Einrichtungen. 1990 wurden fast 15.000 DM außerhalb von Einrichtungen, etwa 17.500 DM für Bedürftige innerhalb von Einrichtungen und insgesamt circa 32.000 DM für Sozialhilfe ausgegeben.
Sozialhilfe, die politische Einkommensarmut
‚Die Würde des Menschen ist unantastbar’, so heißt es im § 1 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland (§ 1 GG). Aber tastet Armut nicht gerade diese Würde des Menschen an? Sozialhilfe soll als unterstes Auffangnetz der sozialen Sicherung fungieren, um Menschen vor Armut zu bewahren. Sie soll allen Menschen‚ die ‚Führung eines Lebens (…) ermöglichen, das der Würde des Menschen entspricht’(§ 1 Abs. 2 BSHG). Ihr Ziel ist es, den Menschen zu helfen, „die nicht in der Lage sind, aus eigener Kraft ihren Lebensunterhalt zu bestreiten und dabei auch von dritter Seite keine Hilfe erhalten“.
Sozialhilfe wird durch drei Leitungsprinzipien geprägt: Dem Individualisierungsprinzip, das sich nach der Art, der Form und dem Maß der Hilfe nach der Besonderheit jedes einzelnen Falles und ihrer individuellen Notlage richtet. Dabei liegen die Form und das Maß im Ermessen der Sozialhilfe-Träger. Das zweite ist das Bedarfsdeckungsprinzip: Hier ist besonders als Hilfebemessung der individuelle Hilfebedarf im Hinblick auf ein „menschenwürdiges Leben“ von Bedeutung. Sozialhilfe soll demnach eine gegenwärtige Notlage rechtzeitig und wirksam vermeiden. Zusätzlich soll sie als Zuschuss geleistet und zeitlich unbefristet sein. Ein weiteres Leistungsprinzip der Sozialhilfe ist das Nachrangprinzip. Dieses Prinzip gesteht nur Menschen Leistungen und Hilfe der Sozialhilfe zu, die sich nicht aus eigener Kraft helfen bzw. durch Dritte geholfen werden können. Vor der staatlich geleisteten Hilfe haben sämtliche Einkommen und Einkommensarten, das Vermögen und Leistungen unterhaltspflichtiger Angehöriger Vorrang. Auch die eigene Arbeitskraft gilt als vorrangig zur Bestreitung des Lebensunterhalts, es sei denn, der Hilfesuchende ist aus körperlichen, geistigen oder sonstigen wichtigen Gründen nicht in der Lage einer zumutbaren Arbeit nachzugehen (vgl. Bäcker et al 2000, S. 203ff). Aber nicht nur das physische Existenzminimum soll garantiert, sondern auch die Teilhabe am sozialen Leben - die sozial-kulturelle Existenz - soll durch die Sozialhilfe ermöglicht werden. Sozial-hilfe darf auf keinen Fall als ‚Alternative’ zur Erwerbstätigkeit gesehen werden. Das Ziel soll sein - egal ob als Geldleistung, Sachleistung oder persönliche Hilfe - dem Hilfeempfänger soweit wie möglich zu befähigen, unabhängig von dieser staatlichen Hilfe zu leben. Sie wird sowohl in, als auch außerhalb von Einrichtungen geleistet (vgl. Adamy/Steffen 1998, S. 15).
Sozialhilfe wird in zwei wichtige Leistungsbereiche unterteilt: Auf der einen Seite in die „Hilfe zum Lebensunterhalt“ (HLU) und auf der anderen Seite in die „Hilfe in besonderen Lebenslagen“
(HbL). Im nächsten Kapitel möchte ich die zwei Leistungsbereiche der Sozialhilfe näher vorstellen und ihre Bedeutung für die Bedürftigen darstellen.
Die Hilfe zum Lebensunterhalt
Die HLU unterliegt einer individuellen Bedarfsrechnung und stellt eine Bedürftigkeit an lebensnotwendigen Mitteln dar. Die Menschen, die zu den Bedürftigen zählen und Sozialhilfe beziehen wollen, unterliegen einer Bedürftigkeitsprüfung. Zum notwendigen Bedarf eines Menschen zählen insbesondere Nahrung, Kleidung, Hausrat sowie Unterkunft einschließlich Heizung. Erfasst sind auch die persönlichen Bedürfnisse des täglichen Lebens, z.B. Sozialkontakte und die Teilnahme am kulturellen Leben. HLU wird denjenigen gewährt, die über kein eigenes Einkommen verfügen oder ein zu geringes Einkommen beziehen.
Adamy und Steffen sprechen über die „Behebung von materieller Armut“ wenn sie über HLU sprechen (vgl. Adamy/Steffen 1998, S. 18). HLU erhält derjenige, „der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann“ (§ 11 BSHG). HLU wurde mir von einer Sachbearbeiterin des Sozialamts in Paderborn wie folgt beschrieben: „Niemand in Deutschland muss hungern oder frieren und hat ein Dach über dem Kopf. Wenn in der Öffentlichkeit von Sozialhilfe gesprochen wird, ist immer die (laufende) Hilfe zum Lebensunterhalt außerhalb von Einrichtungen gemeint“ (Frau Niggemeier, Sachbearbeiterin des Paderborner Sozialamtes).
Der Bedarf der Hilfe zum Lebensunterhalt setzt sich aus laufende und einmalige Leistungen zusammen. Laufende Hilfe zum Lebensunterhalt errechnet sich aus den Regelsätzen, den Mehrbedarfszuschlägen und den Kosten der Unterkunft sowie der Übernahme von Vorsorgeaufwendungen (vgl. Bäcker et al 2000, S. 205). Anspruch auf einmalige Leistungen haben auch Personen, die zwar keine laufende Hilfe erhalten, jedoch nicht aus eigenen Kräften und Mitteln ihren vollen Unterhalt bestreiten können, z.B. Personen mit Niedriglöhnen oder Familien mit nur einem Erwerbstätigen. Das Einkommen dieser Personengruppe liegt knapp oberhalb des sozialrechtlichen Bedarfs, d.h. Sozialhilfeniveau (laufende Leistungen) plus 10 % der einschlägigen Regelsatzsumme. Wenn diese Einkommensgrenze nicht überschritten wird, werden diesen Personen einmalige Leistungen gewährt (vgl. Adamy/Steffen 1998, S. 28).
Nach den beiden Tabellen 8 und 9 steht einer (fiktiven) Familie „Schulz“ mit drei minderjährigen Kindern von 5, 7 und 15 Jahren demnach ein Einkommen von monatlich 1.139 Euro und einem Bedarfsgewicht von 385 % bzw. 3,85 zu.
Die Mehrbedarfszuschläge
Mehrbedarfszuschläge werden nur bestimmten Personengruppen, wie z.B. Alleinerziehenden, gewährt und dann ergänzend zu den Regelsätzen geleistet. Diese Zuschläge erhalten die Personen, bei denen die pauschal berechneten Regelsätze ihren vorherrschenden Lebensumständen nicht gerecht werden können. Außer Alleinstehenden steht diese Leistung auch Schwangeren, älteren Menschen über 65 Jahren, Kranken und Erwerbsunfähigen zu (vgl. Bäcker et al 2000, S. 207f).
Die Kosten für Unterkunft und Übernahme von Vorsorgeaufwendung
Unterkunftskosten werden in der tatsächlichen Höhe übernommen, welche die Miete und Nebenkosten einschließlich Heizung beinhalten. Die Kostenübernahme wird auf die individuelle Lebenslage jedes Einzelnen angemessen abgestimmt. Die Angemessenheit der Miete wird jedoch, orientiert an den Mietobergrenzen, überprüft. Zu hohe Mieten werden nur vorübergehend gestattet. Bei einem Sterbefall und demzufolge anstehenden Beerdigungskosten tritt die so genannte Übernahme von Vorsorgeanwendung in Kraft (vgl. ebd., S. 208).
Die einmaligen Leistungen der HLU
Einmalige Leistungen werden gewährt, wenn größere Anschaffungen oder besondere Anlässe bevorstehen. Dazu zählen unter anderem: Bekleidung, Wäsche, Schuhe sofern sie nicht in den Regelsätzen enthalten sind, Renovierung der Wohnung, Beschaffung von besonderen Lernmitteln (Schüler), Bedarfe bei besonderen Anlässen etc. (vgl. Bäcker et al 2000, S. 208). Für Familie Schulz hieße das beispielsweise: Wenn der 15jährige Sohn mit seiner Klasse auf eine Klassenfahrt fahren würde und zusätzlich Weihnachtsgeschenke gekauft werden müssen, wäre diese Familie ohne einmalige Leistung nicht in der Lage, diese auf einmal eingetretene Situation finanziell bewältigen zu können. Erst durch diese Leistung der Sozialhilfe kann Familie Schulz auch weiterhin an einem funktionierenden, uneingeschränkten, sozialen Leben teilnehmen.
Die Hilfe in besonderen Lebenslagen
In der Öffentlichkeit hat die Hilfe in besonderen Lebenslagen immer mehr Anerkennung gefunden, da im Vordergrund nicht die materiellen Hilfen, sondern die Hilfe zur Selbsthilfe und die Bewältigung schwieriger Lebenssituationen stehen. Adamy und Steffen sprechen deshalb der Hilfe in besonderen Lebenslagen einen ‚humanen Charakter’ zu. Ergänzend sagen sie, dass sich die HbL im Gegensatz zur HLU mehr mit der ‚Beseitigung von Notständen’, die für die Einzelnen aus eigener Kraft nicht zu bewältigen wären, befasst (vgl. Adamy/Steffen 1998, S. 18). Die HbL soll somit Personen, die sich in einem Notstand befinden, helfen, diesen zu überbrücken. Im Gegensatz zur HLU, bei der das gesamte vorhandene Einkommen und Vermögen mit einbezogen wird, erhalten Empfänger der HbL einen Schutz hinsichtlich ihres Einkommens und Vermögens (vgl. ebd., S. 21). Hbl umfasst 12 Fälle der Hilfe, wobei die Eingliederungshilfe, die Krankenhilfe und die Hilfe zur Pflege die drei wichtigsten und am häufigsten geleisteten Hilfen sind. Im Anhang ist ein Musterantrag zur Sozialhilfe beigefügt.
Aktuelles nach dem Sozialgesetzbuch II
Veränderungen gegenüber den vorherigen Sozialleistungen
Festzuhalten ist aber, dass sich ab dem 1. Januar 2005, was die staatlichen Sozialeistungen betrifft, grundsätzlich etwas ändern wird. Im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit wurde eine Kampagne gestartet, wodurch Plakate an öffentlichen Plätzen und in öffentlichen Verkehrsmitteln mit folgender Aufforderung aufgehangen wurden: „Wie? Sie brauchen im Januar kein Geld? Bei verspäteter Antragstellung kein Geld“. Aufgrund von Hartz-Gesetzen, vor allem durch Hartz IV tritt ab dem 1. Januar 2005 das Sozialhilfegesetz II in Kraft.
Ab dem nächsten Jahr werden die bisher nebeneinander stehenden Leistungen „Hilfe zum Lebensunterhalt“ und „Arbeitslosenhilfe“ zu einer gemeinsamen Leistung „Arbeitslosengeld II (ALG II)/Sozialgeld“ zusammengeschlossen. Diese „vereinigte“ Leistung soll die Grundsicherung von Arbeitssuchenden gewährleisten. Sie setzt sich aus „Leistungen zur Eingliederung in Arbeit“ und „Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts“ zusammen. Das ALG II bzw. Sozialgeld (Sicherung des Lebensunterhalts) setzt sich aus Regelleistungen (wie Ernährung, Kleidung, Körperpflege etc.), Mehrbedarfe und Kosten für Unterkunft und Heizung zusammen (siehe Kapitel 4.3.1). Anspruch auf ALG II haben alle erwerbsfähigen, hilfebedürftigen Personen, die zwischen 15 und 65 Jahren alt sind und ggf. die mit ihnen zusammenlebende Bedarfsgemeinschaft. Erwerbsfähig bedeutet, dass die Person in der Lage sein muss mindestens drei Stunden einer Arbeit nachzugehen. Als hilfebedürftig werden die Personen eingestuft, die nicht aus eigener Kraft und eigenen Mitteln den eigenen sowie den ihrer zugehörigen Bedarfsgemeinschaft nötigen Unterhalt durch zumutbare Arbeit, eigenes Einkommen und Vermögen, noch durch Hilfe anderer sichern können.
Sozialgeld erhalten Personen, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen zusammenleben. Dazu zählen minderjährige, unverheiratete und bedürftige Kinder und der Partner (vgl. Informationsblätter zu ALG II/Sozialgeld im Anhang). Das neue Gesetz ist aber in Form des 1 Euro-Jobs bereits in Kraft getreten. Seit Oktober darf sich nämlich ein Langzeitarbeitsloser 1 Euro in der Stunde zusätzlich zur Sozialhilfe dazu verdienen. Ein Musterantrag zu Arbeitslosengeld II/Sozialgeld ist im Anhang beigefügt.
Nach Aussagen der Sachbearbeiterin Frau Niggemeier im Sozialamt Paderborn ist aber diese neue Sozialleistung des SBG II mit einer heißen Nadel gestrickt. Ob sie sich in der Zukunft so umsetzen lässt wie vorher prognostiziert worden ist, kann bis dato noch keiner voraussagen.
Im nächsten Kapitel meiner Arbeit wird darum gehen, welche Armutsphasen durchschritten werden, wie lange sich Armutsbetroffene in Armut befinden und wie Armut überwunden bzw. wie sie sich auf betroffene Personen auswirkt.
Armutsverläufe und ihre Auswirkungen
Einführung
Die dynamische Armutsforschung bezieht ihre wesentlichen Befunde auf die Differenzierung verschiedener „Zeittypen“ der Armut und den damit verbundenen subjektiven Verarbeitungskonzepten (vgl. Joos/Meyer in Mansel/Neubauer 1998, S. 24).
Sie belegt ein wesentliches Ergebnis, dass die meisten Menschen nur für einen kurzen Zeitraum in Armut leben. Daher wechseln sie nach kurzer Verweildauer wieder in eine Wohlstandsposition oberhalb der Armutsgrenze, wobei sie sich weiterhin in einem prekären Zustand, nah an der Armutsgrenze, befinden (vgl. Lauterbach 2003, S. 23).
Dynamische Ansätze
Der dynamische oder lebenslauftheoretische Ansatz entwickelte sich in den 70er und 80er Jahren in den USA. Dieser Ansatz zeigte, dass Armutsphasen vielfach Bestandteile ‚normaler’, nicht randständiger, Armutsverläufe sind (vgl. Leisering in Hanesch 1995, S. 66). Die entsprechend benötigten Längschnittdaten – auch Surveydaten – genannt, wurden in „Europa in Form des Sozio-ökonomischen Panels (SOEP, Daten ab 1983) bereitgestellt. Die erste Verlaufsdatenbasis speziell für Armutsfragen ist die Bremer Längsschnittstichprobe von Sozialhilfeakten. Sie wird seit 1988 von dem Projekt ‚Sozialhilfekarrieren’ generiert. Sie bildet Armutsverläufe genauer ab als das SOEP. In Bielefeld wurde eine weitere, weniger komplexe Datenbank von Sozialhilfedaten angelegt und ausgewertet“ (Hanesch 1995, S. 73, Hervorh. im Original). Diese so genannten Längsschnittbetrachtungen lassen die individuellen Armutsverläufe, in die Armut, die Armutsdauer und den Weg aus der Armut erkennen. Nach den Ergebnissen des Sozio-ökonomischen Panels lagen im Sechs-Jahres-Zeitraum von 1990 bis 1995 nur 2,5% der Bevölkerung mit ihrem Einkommen dauerhaft unter der Armutsgrenze. Das Armutsrisiko ist für Personen besonders hoch, die schon einmal von Armut betroffen waren (vgl. Bäcker et al 2000, S. 239).
Armutsdynamik
Armutsverläufe werden unter bestimmten Kriterien in zwei Hauptformen „kontinuierlich arme Haushalte“ und „Aufsteiger-Haushalte“ voneinander abgegrenzt. „Diskontinuierlich armen Haushalte“ kommen als weitere, kleinere Kategorie hinzu. Die Kriterien für die Einordnung der Haushalte in die jeweiligen Verlaufsformen sind: Armutshäufigkeit, Kontinuität der Armut und die Einkommensposition. Als ergänzende Einordungskriterien wären noch die Haushalts- und die Erwerbsstruktur der Haushalte zu erwähnen. Die kontinuierlich armen Haushalte zeichnen sich vor allem durch eine relativ lange und stabile Armut aus. Sie sind durch den kontinuierlichen Sozialhilfebezug und/oder der Einkommensposition, die kontinuierlich unter der 60% Armutsgrenze liegt (bis auf maximal einer Ausnahme), deutlich von den anderen Haushalten abgegrenzt. Demgegenüber stehen die Aufsteiger-Haushalte, die Armut bereits nach einer kürzeren Armutsphase wieder verlassen und endgültig überwinden. Bei den Aufsteiger-Haushalten lassen sich in den zwei letzten Beobachtungsjahren eine Einkommensposition oberhalb der 60% Armutsgrenze und im letzten Beobachtungsjahr auch eine Steigung des bedarfsgewichteten Pro-Kopf-Einkommens oberhalb von 65% verzeichnen. Diskontinuierlich arme Haushalte hingegen weisen mehrere Unterbrechungen in ihren Armutsverläufen auf. Hier wurde die Einkommensposition von 60% der Armutsgrenze zwar überschritten, jedoch nicht in den zwei letzten Beobachtungsjahren (vgl. Andreß 1999, S. 215f).
Im Folgenden möchte ich den Armutsverlauf eines „Aufsteiger-Haushalts“ anhand einer idealtypischen Familie, der Familie „Meyer“ vorstellen:
„Herr und Frau Meyer sind beide 51 Jahre alt und leben 1985 mit zwei Töchtern im Alter von 15 und 18 Jahren zusammen. Bis vor einem Jahr war Herr Meyer als Maurer tätig, jetzt ist er Frührentner, wodurch die Familie verarmt ist. Frau Meyer ist seit 1970 nicht mehr erwerbsfähig, zuvor hatte sie als Erzieherin gearbeitet. Die ältere Tochter macht zur Zeit (sic) eine Ausbildung als Friseurin, die jüngere Tochter geht noch zur Schule. Herr und Frau Meyer sind unzufrieden mit ihrem Einkommen und machen sich Sorgen um ihre wirtschaftliche Situation. Da sie aber beide unter gesundheitlichen Problemen leiden, bemühen sie sich nicht mehr um eine Erwerbstätigkeit. Neben den gesundheitlichen Beeinträchtigungen weisen sie als Risikofaktoren eine geringe Qualifikation und ein hohes Alter auf. Daß (sic) ihnen die Armutsüberwindung trotzdem gelingt, verdanken sie der Berufseinmündung ihrer jüngeren Tochter. Als sie mit 19 eine Ausbildung zur Bankkauffrau beginnt und zum Familieneinkommen- wenn auch zunächst nur in geringem Maße – beiträgt, erreicht der Haushalt eine Einkommensposition über der über der Armutsgrenze“ (Andreß 1999, S. 220).
Daher ist Andreß der Überzeugung, dass sich auf eine Armutssituation innerhalb einer Familie manche Lebensphasen „im Hinblick auf die Überwindung einer Armut“ günstiger erweisen als andere (vgl. ebd., S. 220).
Familie Meyer stellt nur einen von vielen Wegen dar, durch die eine Familie sozial wieder aufsteigen kann. Dennoch wird an diesem Beispiel der Familie „Meyer“ klar, dass trotz der gesundheitlichen Restriktionen der Eltern und anderer Faktoren, Armut überwunden werden kann, wenn Kinder mit der Berufseinmündung in der Lage sind ihr Leben zu finanzieren und demzufolge das Elternhaus schließlich verlassen.
Mit der Dauer der Armut nimmt der Anteil der betroffenen Bevölkerung stetig ab. Es wird deutlich, dass die Betroffenen, die in strenger (40%) Armut verweilen kurzfristiger von Armut betroffen sind, als die Gruppe, die sich in milder (60%) Armut befindet. Die strenge Armut(-sschwelle) wird somit schneller überwunden als die anderen Armutsschwellen.
Ein erhöhtes Armutsrisiko tragen vor allem Haushalte, die sich ohnehin schon in einer prekären Lebensphase befinden. Fällt aufgrund von Arbeitslosigkeit oder chronischer Krankheit der Hauptverdiener zusätzlich aus, drohen Familien sozial weiter abzusteigen und schließlich zu verarmen. In der Bundesrepublik leben 10% der Haushalte unter der 50% Armutsgrenze, 55% bis 65% leben im gesicherten Wohlstand und 25% bis 35% leben im prekären Wohlstand. Dies sagt jedoch nichts darüber aus, ob diese Einteilung der Einkommensgruppen beständig bleibt. Denn es kann zu einem dynamischen Austausch unter diesen Gruppen kommen. Das Armutsrisiko bleibt somit nicht auf bestimmte Personengruppen beschränkt: Die Entgrenz-ung der Armut ist vielmehr ein charakteristisches Merkmal der Armut in Deutschland (vgl. Spanier in Mansel/Neubauer 1998, S. 275). Es lassen sich verschiedene Armutsphasen unterscheiden: Vorübergehende Armut spiegelt biographische Übergänge im Leben der Betroffenen wider. Ausgelöst wird diese etwa durch Scheidung, Krankheit, Auszug aus dem Elternhaus, Übergangszeiten zwischen Ausbildungsabschluss und erstem Berufsantritt oder dem Arbeitsplatzverlust. Diese kurze Phase wird nach Buhr (1994) als „Armutspassage“ bezeichnet. Hält die Sequenz länger an, spricht man von den „Armutskarrieren“ und bei längeren zusammenhängenden Zeiträumen von „Lebensphasen-Armut“ (vgl. Leisering in Hanesch 1995, S. 80). Nach einer vom Wissenschaftszentrum Berlin durchgeführten Untersuchung weitet sich die Armutsgefährdung in der deutschen Bevölkerung weiter aus. 10% sinken immer wieder mal in Armutsphasen und 2% bis 5% sogar in Dauerarmut ab. Jährlich werden etwa 7%, im Drei-Jahres-Zeitraum etwa 15% und im Acht-Jahres-Zeitraum etwa 22% von Armut betroffen (vgl. Becker 1994, S. 45).
Die Betroffenheit von Armut und auch die Armutsdauer werden durch das Vorhandensein von Kindern erhöht.
Nach Buhr verlängern Kinder nicht nur die Armutsdauer, sondern „verstärken“ sie zusätzlich (vgl. Buhr in Klocke/Hurrelmann 2001, S. 80). Weiterhin sagt sie, dass Familien und Kinder eindeutig länger Sozialhilfe beziehen als andere Personengruppen (vgl. ebd., S. 90).
6.4Auswirkungen und Verarbeiten von Armut
Neben der zeitlichen Verlaufsform der Armut spielt auch das subjektive Erleben und das Verarbeiten dieser Lebenssituation eine entscheidende Rolle für die psycho-sozialen Auswirkungen von Armut. Es gibt drei Bewältigungsmuster, die von der Sozialhilfeforschung unterschieden werden: Die aktive und schnelle Überwindung der Situation, die aktive Gestaltung des eigenen Lebens auch unter eingeschränkten Bedingungen und die Verfestigung von Armut und Passivität (vgl. Bäcker et al 2000, S.239f). Qualitative Ergebnisse der Bremer Langzeitstudie zeigten, dass längere Armutsphasen nicht unbedingt zu schwerwiegenden Problemen führen müssen (vgl. Buhr in Klocke/Hurrelmann, S. 90). Denn „Die Wirkungen der objektiven Bezugsdauer durch subjektive und biographische Aspekte können überlagert bzw. relativiert werden“ (Buhr in Klocke/Hurrelmann 2001, S. 89). Der Sozialhilfeempfang wird von manchen Langzeitbeziehern als „Übergangsphase“ angesehen. Dennoch gibt es Menschen, bei denen erlebte Ereignisse und Phasen in Armut noch nachhaltig auf sie (ein-)wirken können. Sie bleiben als „latente Gefahr“ in ihrem Leben präsent und können insbesondere trotz eines aktuellen „relativen“ Wohlstands weiterhin verunsichern. Eine überdauernde Armut hat nicht nur Auswirkungen auf die Qualität der häuslichen Umgebung, sondern beeinflusst auch die Intelligenzentwicklung und erhöht das Risiko für „internalisierende“ Verhaltensprobleme bei Kindern (vgl. ebd., S. 89). Bei einer Auswertung der internationalen Forschungsbefunde bezüglich der Auswirkungen von Armut bei Kindern, konnte Sabine Walper feststellen, dass diese bei Kindern ein breites Spektrum erreichen. Sie reichen von physischen bis hin zu emotionalen Beeinträchtigungen (vgl. Walper zitiert in Bohle in Heitmeyer 1997, S. 140f). Auf der anderen Seite weisen Joos/Meyer darauf hin, dass Armutserfahrungen bei Kindern im Sinne von erlernten Bewältigungsmustern sogar positive Effekte im Hinblick auf ihre spätere Selbstständigkeit haben können. Elder stellte 1974 in seinen Untersuchungen fest, dass ältere männliche Jugendliche, die zuvor Armutserfahr-ungen gesammelt haben, durchaus ein Verantwortungsgefühl und Initiative entwickelten (vgl. Joos/Meyer in Mansel/Neubauer 1998, S. 24).
Nach Becker mangelt es Armutsbetroffenen nicht nur am Einkommen, sie leiden auch an ihrer Passivität und ihrer Unfähigkeit ihr Leben zu gestalten (vgl. Becker 1994, S. 45). Deshalb können kürzere Armutsphasen zu schwerwiegenden Problemen und damit zu biografischen Einschnitten bei den Betroffenen führen (vgl. Bohle in Heitmeyer 1997, S. 144).
Die Armutsforschung hat herausgefunden, dass es bestimmte soziale Gruppen gibt, die ein erhöhtes Risiko tragen zu verarmen. Im folgenden Kapitel werden Armutsbetroffene vorgestellt. Einen besonderen Stellenwert in meinen weiteren Ausführungen erhalten die momentan armutsgefährdeten Kinder und deren Familien.
Risikogruppen in der Armutsforschung
Einführung
Soziale Bevölkerungsgruppen, die einen überproportional hohen Anteil an Sozialhilfeempfängern aufweisen, werden als Risikogruppen bezeichnet (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S.61). Das Problem „Armut“ wurde in der BRD durch das Buch „Die neue soziale Frage“ von Heiner Geißler 1976 und verschiedener Armutsberichte, z.B. Hanesch u.a. 1994 oder Leisering/Voges 1992, wieder in die öffentliche Diskussion gebracht. Entgegen der damaligen Meinung war für Geißler dieses Thema kein Randgruppenproblem. Vielmehr sah er die ‚neuen Armen’ in den breiten Bevölkerungsschichten mit den Merkmalen hohes Alter, weibliches Geschlecht und Kinderreichtum (vgl. ebd., S.55).
In der Tabelle 13 im Anhang geht es um sozialstrukturelle Merkmale von Haushalten in Deutschland, die 1985 arm geworden sind. Merkmale wie „Haushaltstypen, Alter, Schulabschluss etc.“ sind wichtig für die Betrachtung der Armutsbetroffenheit unter der Bevölkerung. Unter dem Haushaltstyp „Paar mit Kind(ern)“ sind 49,1% bzw. 40% der Personen arm geworden. Darunter vor allem Paare mit einem Kind/Kindern unter 16 Jahren. Diese sind zu 26% bzw. 22% von Armut betroffen. Bei dem Merkmal Alter sind zu 34,9% bzw. 31,1% besonders Kinder und Jugendliche unter 20 Jahren arm geworden. Personen über 59 Jahren sind nur relativ von Armut betroffen. Sie machen nur 10,7% bzw. 13,5% aus. Auch die Merkmale „Schulabschluss“ und „Berufsausbildung“ geben Aufschluss über die Personen, die 1985 arm geworden sind. Personen mit einem „Hauptschulabschluss“ machen 66,2% bzw. 67% der Armutsbetroffenheit unter dem Merkmal Schulabschluss aus. Schüler bzw. Personen, die keinen Schulabschluss haben, machen nur eine geringe Anzahl von 4,3% bzw. 2,3% aus. Im Gegensatz dazu sind Personen, die (noch) keine Berufausbildung haben zu 46,5% bzw. 49% von Armut betroffen. Einen großen Teil der Armutsbetroffenheit machen „nicht Erwerbstätige“ aus. Sie gehören mit 49,3% bzw. 57,3% zu den 1985 arm gewordenen Haushalten/Personen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Bildung, Beruf, Alter und Kinder entscheidende Faktoren sind, die die soziale Umgebung bzw. Lebenslage von Haushalten und Personen beeinflussen können.
Besonders die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen nahm kontinuierlich zu. Generell tragen Familien ein erhöhtes Risiko zu verarmen. Auch die Betroffenheit von Frauen ist immer noch im Vergleich 10% über ihrem demographischen Anteil. Ebenso stieg der Anteil der Ausländer und der Arbeitslosen unter den Sozialhilfeempfängern (Empfänger von HLU außerhalb von Einrichtungen) überdurchschnittlich an. In der Sozialhilfestatistik zeigt sich eindeutig, dass die Altersarmut der 60er und 70er Jahre durch die Armutsgefährdung von Kindern und Jugendlichen abgelöst wurde. Seit den 80er Jahren ist der Anteil an Kindern und Jugendlichen, die Sozialhilfe empfangen kontinuierlich gestiegen. Am 31.12.97 lebte jedes elfte Kind unter drei Jahren und etwa jedes zwölfte unter sieben Jahren in einem Sozialhilfeempfängerhaushalt. Fast 40% der Sozialhilfeempfänger im engeren Sinne (Bezieher der HLU) sind unter 18 Jahren (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S.55f). Die Zahl der Kinder und Jugendlichen steigt unter den Sozialhilfebedürftigen, die der älteren Menschen sinkt. 1989 (alte Bundesländer) lag die Armutsquote bei den unter 18 Jährigen bei 7,8% und bei den über 65 Jährigen bei 2% (vgl. Becker 1994, S. 44).
Meines Erachtens liegen die Gründe warum Altersarmut von Kinderarmut abgelöst wurde darin, dass die heutigen Rentner in den Zeiten zuvor durch ihre Erwerbstätigkeit Geld für Altersversicherungen und ihre spätere Rente anlegen konnten. Rechnet man zurück, konnten die jetzigen Rentner zum Teil bis zu 40 und 50 Jahre kontinuierlich arbeiten. Die heutigen Arbeitnehmer haben kurze bis lange Arbeitslosigkeitsphasen im Lebenslauf zu verzeichnen. Zum einen konnte in der vergangenen Zeit die Altersarmut durch den „Generationsvertrag“ reduziert werden. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote - Stand 2.12.04 - bei 10,3%. Das sind rund 51.000 Arbeitslose mehr als zuvor im Oktober (RTL-Punkt 12 vom 2.12.04). Deshalb ist es meiner Ansicht nach nur eine Frage der Zeit bis die Altersarmut wieder erneut ansteigt. Zum anderen wird das Geld, das von den heutigen Arbeitnehmern in ihre Rentenkasse eingezahlt wird, für aktuell anstehende Renten ausgegeben.
Wenn der demographische Kurs weiterhin beibehalten wird, dass durchschnittlich eine Frau 1,4 Kinder bekommt, so Becker 1994, wird im Jahr 2040 ein Rentner einem Erwerbstätigen zugeteilt (vgl. Becker 1994, S. 17).
Der Geburtenrückgang und die steigende Arbeitslosigkeit lassen nur erahnen, welche Situation die zukünftigen Rentner trifft. Vorgeschlagen wurde bereits eine Einheitsrente: Unabhängig wie viel jemand verdient und eingezahlt hat, jeder - vorausgesetzt er hat gearbeitet - bekommt die gleiche Rente. Aufgrund der drastisch angestiegenen Armut bei Kindern und Jugendlichen richte ich nun meinen Fokus auf diese armutsgefährdete Risikogruppe und deren Familien.
Infantilisierung der Armut
Die Betroffenheit von Armut hat sich verlagert: Je jünger und je höher die Anzahl der Kinder, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie in einem Haushalt aufwachsen, in dem Sozialhilfe bezogen wird. Als These kann ich somit festhalten, dass Kinder bzw. Kinderreichtum heutzutage arm machen. Etwas überspitzt aber in diesem Kontext treffend, passt auch die Abbildung 16 im Anhang. Laut Schätzungen des Deutschen Kinderschutzbundes sind in Gesamtdeutschland 1994 1,5 bis 2 Millionen Kinder und Jugendliche von Armut betroffen (vgl. Neubauer in Mansel/Neubauer 1998, S. 199). Die folgende Grafik veranschaulicht den Bezug von laufender Hilfe im jeweiligen Alter der Kinder und Jugendlichen.
Grafik 11: Kinder und Jugendliche als Empfänger/innen laufender HLU
Quelle: Becker 1994, S. 51
Aus der Grafik ist ersichtlich, dass die Anzahl der Kinder, die bis zur ihrer Volljährigkeit laufende Hilfe beziehen seit 1980 kontinuierlich angestiegen ist. Die Betroffenheit der Kinder ist umso höher, je jünger sie sind.
Seit den 80er Jahren hat sich die Anzahl der Kinder unter sieben Jahren, die von Sozialhilfe betroffen sind, mehr als vervierfacht. Hauser und Semrau sprechen daher von einer ‚Infantilisierung’ der Armut (vgl. Zimmermann in Klocke/Hurrelmann 2001, S.66).
Da aber das Thema „Kinder und Armut“ in den Armutsberichten nur am Rande diskutiert wurde und des Weiteren nur geringes Interesse hervorrief, spricht Jens Dangschat von einem ‚weißen Fleck’ in der wissenschaftlichen Aufmerksamkeit (vgl. Mansel/Neubauer 1998, S.7). Mit der Vorlage des 10. Kinder- und Jugendberichts im Sommer 1998 ist dieses Armutsrisiko von Kindern und kinderreichen Familien in der Bevölkerung öffentlich gemacht worden. Das Bild in Deutschland ist nun mehr geprägt durch Kindarmut (vgl. Hauser zitiert in Hanesch/Krause/Bäcker 2000, S.272).
Diese Aussagen über die Situation von Kindern und Jugendlichen lassen Rückschlüsse auf deren Familien zu. Wenn immer mehr Kinder von Armut betroffen sind, so muss das auch für ihre Familie gelten, in der sie leben.
Gründe für Verarmung der Kinder
Kinder sind für die Armutsgefährdung zu einem großen Risikofaktor geworden. Abbildung 14 im Anhang verdeutlicht dieses. Wer heutzutage Kinder in die Welt setzt, muss damit rechnen, sozial abzusteigen. Denn mit jedem Kind muss das vorhandene Haushaltseinkommen geteilt werden, wodurch weniger für die übrigen Familienmitglieder bleibt.
Neubauer benennt einen weiteren Grund, warum mit der Geburt eines (weiteren) Kindes der soziale und wirtschaftliche Abstieg droht. Seiner Meinung nach sind die Lebensunterhaltskosten von Kindern eindeutig höher als die von anderen Familienmitgliedern. Damit liegen die Kosten für Kinder über dem steuerlich vorgegebenen Existenzminimum (vgl. Neubauer in Mansel/Neubauer 1998, S. 196).
Die Gefahr einer Armut zu Beginn einer Biographie betrifft „die gesamte spätere Lebensentwicklung“ eines Kindes! Denn ein ausreichendes Einkommen bietet Kindern eine gute Voraussetzung, sich frei zu entfalten und sich sozial zu integrieren (vgl. Hanesch/Krause/Bäcker 2000, S. 273). Da Kinder auf das Einkommen ihrer Eltern angewiesen und somit abhängig von den jeweils vorherrschenden Lebensumständen sind, können sie, wenn sie noch minderjährig sind, nicht aus eigener Kraft der Situation entfliehen. Infolge dessen ist ihnen die Möglichkeit, dieser prekären Lebenssituation zu entfliehen, vorerst nicht gegeben (vgl. Mansel/Neubauer 1998, S. 11).
Eine Möglichkeit für Kinder und Jugendliche in ihrem Leben einmal sozial aufzusteigen und später einen attraktiven Beruf zu ergreifen, wäre ein guter Schulabschluss in Form von Abitur bzw. Studienabschluss. Dennoch ist eine gute Schulausbildung kein Garant für einen späteren sozialen Aufstieg. Aber das Sprichwort „vom Tellerwäscher zum Millionär“ soll in seltenen Fällen schon wahr geworden sein.
Familien, die im gesicherten Wohlstand leben, haben durchschnittlich 0,5% weniger Kinder als diejenigen, die im prekären Wohlstand oder gar in Armut leben. Bei Familien im gesicherten Wohlstand beträgt das durchschnittliche Haushaltseinkommen 4666,00 DM, das auf insgesamt vier Mitglieder aufgeteilt werden muss. Es kommt natürlich auf das Alter der Kinder an, wenn das Pro-Kopf-Einkommen berechnet werden soll. Dennoch bleibt ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen bzw. Äquivalenzeinkommen in dieser Familie von 1583,00 DM übrig. Im Vergleich zu einer in Armut lebenden Familie, deren geringes durchschnittliches Einkommen von 2162,00 DM auf durchschnittlich 2,5 Kinder aufgeteilt werden muss, bleibt nur noch ein durchschnittliches Pro-Kopf-Einkommen von 472,00 DM übrig. Das ist nicht einmal 1/3 des Äquivalenzeinkommens einer Familie, die im Wohlstand lebt. Ein Mehrbedarf mehrerer Kinder lässt sich somit mit einem höheren Einkommen besser verkraften. Eltern, die in einem gesicherten Wohlstand leben, haben im Gegensatz zu Eltern, die aus den zwei anderen Segmenten kommen (Armut und prekären Wohlstand) eine bessere Bildung. Für das Aufwachsen von Kindern darf der Familienstand nicht außer Acht gelassen werden, da dieser die finanzielle Situation der Familie beeinflusst.
Durch die Emanzipation der Frauen und dem im Laufe der Zeit veränderten Lebenswandel, „sehen sich Ehepartner in ihrem Selbstverständnis mehr und mehr frei, sich aus einer Ehe wieder lösen zu können“ (Hanesch/Krause/Bäcker 2000, S. 277). Frauen sind durch eigenes Einkommen nicht mehr gezwungen aus materiellen und sozialen Motiven an einer „scheiternden“ Ehe festzuhalten. Durch vermehrte Scheidungen wachsen Kinder häufig nur bei einem Elternteil - meistens der Mutter - auf. In Deutschland gibt es jährlich rund 150.000 minderjährige Scheidungskinder (vgl. Hanesch/Krause/Bäcker 2000, S. 277). Daher sind „Familien, die mehr als drei Kinder haben und Familien, in denen der Haupternährer zeitweise arbeitslos wurde, [sind] überdurchschnittlich häufig von Armut betroffen“ (Bieligk 1996 zitiert in Lauterbach/Lange in Mansel/Neubauer 1998, S.111).
Fazit
In meiner Arbeit geht es mir darum das Problem „Armut“ zu verdeutlichen. Das Thema Armut in der deutschen Wohlstandsgesellschaft wurde erst ab den 80er Jahren u.a. durch Heiner Geißlers Buch „Die neue soziale Frage“ und durch die Zusammenarbeit der Hans-Böckler-Stiftung mit dem Paritätischen Wohlfahrtsband etc., sowie der Erstellung des nationalen Armutsberichts wieder ins Bewusstsein der Bevölkerung gerufen. Dass Armut auch in einem Wohlstandsland wie Deutschland vorzufinden ist, wurde wieder offenkundig der Bevölkerung mitgeteilt. Armutsquoten sollen Aufschluss über das Ausmaß der Armut liefern. Sie liefern zwar Ergebnisse über die mengenmäßigen Anteile von Betroffenen in milder, strenger Armut oder im prekären Wohlstand, jedoch liefern sie keine Details über die Betroffenheit der so genannten „Armen“.
Ich bin der Meinung, dass Politiker die Konfrontation mit diesem Thema meiden. Denn dieses Armutsproblem in unserem Wohlstandsland ist ein Indiz für ihr Versagen. Zudem ist in der breiten Bevölkerung bekannt, dass es Armut nicht nur in Dritt-Weltländern gibt, sondern mittlerweile, wenn auch nicht im absoluten Sinne gesehen, zu einem Bestandteil unserer Gesellschaft geworden ist. Die Tendenz ist aufgrund der heutigen Kinderarmut, der sinkenden Geburtenrate, der wirtschaftlichen Stagnation und der großen Anzahl an Rentnern, steigend. Da muss ich mich fragen, haben WIR nur diese Einsicht und die Regierung bzw. die Politiker nicht? Es wird über alles debattiert und philosophiert wie z.B. Dosenpfand. Es wird Geld für Dinge und Projekte ausgegeben, die bereits von Anfang an zum Scheitern verurteilt scheinen. Vor einiger Zeit wurde in den Nachrichten berichtet, dass vor ein paar Jahren eine Zugbrücke zwischen zwei Städten gebaut wurde, die aber aufgrund der jetzigen, geringen Nachfrage in Zukunft nicht mehr genutzt werden soll. Bei näherer Betrachtung der Jahresberichte des Bundesrechnungshofes fallen jede Menge erschreckende Ergebnisse auf. Anstatt Steuergelder zur Prävention oder zur Armutsbekämpfung einzusetzen, werden diese bewusst oder unbewusst vergeudet. Wäre es nicht besser in die Zukunft, z.B. durch Schaffung von Arbeitsplätzen und in Konjunkturaufschwung, zu investieren, damit die Wirtschaft wächst und die Gesamtbevölkerung davon profitieren kann? Natürlich sind solche Dinge wie Dosenpfand wichtig, aber der steigenden Armutstendenz in Deutschland muss vielmehr jetzt entgegengewirkt werden!
Nach meiner Ansicht wird kaum etwas gegen Armut getan. Es kann nicht sein, dass Sozialhilfe als bekämpfte Armut angesehen und Armutsbekämpfung damit abgehakt wird. Dieses politische und wirtschaftliche Problem bedarf mehr an Aufmerksamkeit! Für mich ist der Bezug von Sozialhilfe mit Armut gleichzusetzen. Meiner Ansicht nach sind Politiker mehr denn je gezwungen politische Maßnahmen zu ergreifen, um Armut einzudämmen. Laut eines Berichts im Focus, pendelt sich das Wirtschaftswachstum im Zehn-Jahres-Schritt bei 1,4% ein. „Zehn Jahre Deutsche Flaute“, so steht es als Überschrift über einer Rangliste, in der Deutschland im Vergleich zu anderen Ländern, abgeschlagen auf dem 23. Platz liegt (vgl. Focus, Ausgabe 13 vom 18. Oktober 2004, S. 26). Angesichts der Tatsache, dass immer weniger Erwerbstätige für Renten, Krankenversicherungen, soziale Belange etc. bezahlen müssen, ist der Gedanke einer weiteren Zehn-Jahres-Flaute erschreckend. Becker macht auf eindeutiger Weise darauf aufmerksam, dass durch diese Entwicklung düstere historische Parallelen wach werden. 1932 waren 5 Millionen Menschen im deutschen Reich arbeitslos, mehr als 50 Jahre später ist diese absolute Zahl wieder erreicht. Damals bestand zwischen Wirtschaftswachstum und Beschäftigung ein enger Zusammenhang (vgl. Becker 1994, S. 56). Durch eine verbesserte Familien- und Kinderpolitik, z.B. durch einen verbesserten Familienleistungsausgleich, ist eine Finanzierung von Kindern leichter tragbar. Dieses würde dem so genannten „Pleitengrund Kind“ entgegenwirken. Aber auch durch den gestiegenen Anspruch, der an die heutigen und zukünftigen Erwerbstätigen gestellt wird und die verlängerte Ausbildungszeit (Hochschulabschluss, Ausbildung etc.) werden diese immer später ins Erwerbsleben integriert. Ist (Sind) ein Kind (Kinder) vorhanden, reicht es nicht mehr aus, wenn nur ein Partner erwerbstätig ist. Durch den gestiegenen Lebensunterhalt gerade bei Kindern sind beide Eltern gezwungen einer Arbeit nachzugehen. Was ist aber, wenn es keine Arbeit gibt, oder aus gesundheitlichen Gründen und anderen Restriktionen in der Familie dies nicht möglich ist? Die Entwicklung, die wir momentan zu verzeichnen haben, eröffnet einen Teufelskreis und lässt damit nur erahnen was in naher Zukunft auf UNS zu kommen wird.
Literaturverzeichnis
Adamy, Wilhelm und Steffen, Johannes: Abseits des Wohlstands. Arbeitslosigkeit und neue Armut. Primus Verlag, Darmstadt 1998.
Andreß, Hans-Jürgen: Leben in Armut. Westdeutscher Verlag. Opladen 1999.
Andreß, Hans-Jürgen et al: Leben in Armut. Analysen der Verhaltensweisen armer Haushalte mit Umfragedaten. Endbericht des DFG-Projektes „Versorgungsstrategien privater Haushalte im unteren Einkommensbereich (VuE)“. Bielefeld 1996.
Bäcker, Gerhard et al: Sozialpolitik und soziale Lage in Deutschland. 3., grundlegend überarbeitete und erweiterte Auflage, Band 1: Ökonomische Grundlagen, Einkommen, Arbeit und Arbeitsmarkt; Arbeit und Gesundheitsschutz. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden 2000.
Becker, Joachim: Der erschöpfte Sozialstaat. Neue Wege zur sozialen Gerechtigkeit. Eichborn, Frankfurt am Main 1994.
Beutler, Annette; Meyer, Iris und Thewes, Frank: Phönix in der Asche. In: Focus, Oktober 2004, Nr.: 43, S. 26-31.
Duden: Das Herkunftswörterbuch. 3., völlig neu bearbeitete und erweiterte Auflage, Band 7: Etymologie der deutschen Sprache. Dudenverlag, Mannheim 2001.
Hanesch, Walter; Krause, Peter und Bäcker, Gerhard: Armut und Ungleichheit in Deutschland. Der neue Armutsbericht der Hans-Böckler-Stiftung, des DGB und des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek 2000.
Hanesch, Walter (Hrsg.): Sozialpolitische Strategien gegen Armut. Westdeutscher Verlag, Opladen 1995.